Prof. Dr. Andreas Blätte von der Universität Duisburg-Essen beginnt seinen Vortrag auf dem Forum CA3 in Hamburg mit der Frage, ob ein Bundesintegrationsministerium geschaffen werden soll. In größerem wissenschaftlichem Kontext eingebettet lässt sich die Frage stellen, wie die Schaffung von Integrationministerien die Aufmerksamkeitsstruktur für das Thema Integration beeinflusst.
Herr Blätte stellt folgende Thesen bezüglich der Effekte, die ein Integrationsministerium haben könnte, und für die Korpora von Nöten sind, auf:
- Ausdifferenzierungsthese
Es bildet sich ein ausdifferenzierter Bereich der Integrationspolitik, andere Bereiche werden so entlastet - Mobilisierungsthese
Der Integrationsminister trägt die Verantwortung dafür zu sorgen, dass die Kabinettsmitglieder ihre Aufgaben im Integrationsbereich erfüllen - Mehrebeneneffekte
Ein Land, welches ein Integrationsministerium hat, könnte eine Vorbildrolle für andere Länder und/oder den Bund bilden - Leitbildthese
Entwicklungen in größeren Bereichen, denen sich Bund und Länder nicht weiter entziehen können, und die Institutsunabhängig sind
Die Korpora, die hierfür genutzt werden, sind das PolMine-Plenarprotokollkorpus aller Landtage der Wahlperioden ab Beginn des 21. Jahrhunderts und bis Ende 2012, welches in Zusammenarbeit mit dem IDS erstellt wurde und das PolMine-Plenarprotokollkorpus des Bundestages zwischen der 13. und der 17. Wahlperiode, das innerhalb eines CLARIN Kurationsprojektes erstellt wurde. Die Korpora beinhalten Zeitstempel, Annotationen von Tagesordnungspunkten und Sprechenden, und decken mit 330 Millionen Wörtern das politische Geschehen in der Breite ab.
Zur Auswertung der Korpora wurde folgendermaßen vorgegangen:
- Um herauszufinden, ob die Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes Thema fokusiert ist, wurde Topicmodelling vorgenommen
- Die Themen wurden anhand von Wortlisten interpretiert und mittels der Volltexte validiert
- Identifizierung von Topic-Kookkurenzen wurde vorgenommen
- Aggregation und Visualisierung wurden durchgeführt
- Auf technischer Seite Arbeit mit dem R Paket polmineR, mit dem Korpora verglichen, Verteilungen von Suchanfragen visualisiert, Kookkurrenzen berechnet oder Konkordanzen angezeigt werden können
Bei einem Blick den Prof. Blätte auf die Ergebnisse der Untersuchungen der Plenarprotokolle von NRW gewährt lässt sich feststellen, dass Integration mit der Einfühung eines Integrationsministeriums zur 14. Wahlperiode ein Queerschnittthema bleibt und es keine grundlegenden Veränderungen der Aufmerksamkeitsstruktur gab. Auch die erhofften Organisations- und Mobilisierungseffekte blieben aus,- ein Leitbildwandel konnte zwar festgestellt werden, kam jedoch zu spät.
Zum Abschluss seines Vortrages präsentiert Blätte noch einige technische Details und die "to-do" Liste, die bleibt. So ist er der Meinung, dass Topic Modelling zwar zur ersten Inspektion der Daten einsetzbar ist, diese jedoch auch noch manuell nachannotiert werden sollten, ein Klassifikator trainiert und die Ergebnisse einem Qualitätscheck unterzogen werden müssten. Daraus ergeben sich einige Implikationen an den Arbeitsstil:
- Rückkopplung an etablierte Standards sollte ermöglicht werden
- Notwendigkeit an qualitativer Arbeit
- Einsatz anderer, interaktiver und idealerweise delegierbarer Workflows inklusive einer graphischen Nutzeroberfläche
Dies ist beispielsweise in CLARINs WebLicht bereits geschehen, wo standardisierte Programmbibliotheken verfügbar sind und sich so auch für andere Nutzende realisieren lassen.
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