Die Regelungssystematik im Urheberrecht: Alles, was nicht erlaubt ist, ist verboten?
In § 11 UrhG steht lapidar: Das Urheberrecht schützt den Urheber in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk und in der Nutzung des Werkes. Auf welche Weise dieser Schutz erfolgt und welche Möglichkeiten das UrhG Ihnen vielleicht doch offen lässt, Ihr Forschungsprojekt zu verwirklichen, soll im folgenden Abschnitt erläutert werden.
Das Gesetz spricht dem Urheber in § 15 UrhG das ausschließliche Recht zu, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten sowie sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben. Diese Norm enthält die Erlaubnis zu einer Vielzahl von Nutzungen - vergleichbar mit § 903 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch), der dem Eigentümer einer Sache (z.B. eines Autos) die Befugnis erteilt, mit der Sache nach Belieben verfahren.
Anders als im bürgerlichen Recht zählt das UrhG allerdings Beispiele für die verschiedenen Nutzungsarten auf, die dem Urheber zunächst “exklusiv” zustehen. Denn genauso wie beim Sacheigentum hat der Urheber bei seinem Werk das Recht, andere von jeder Einwirkung ausschließen zu dürfen. Das hat zur Folge, dass ein Werk zunächst nur von ihm genutzt werden darf.
Zu den Nutzungsrechten (die man im Urheberrecht auch “Verwertungsrechte” nennt) zählen insbesondere:
- Das Vervielfältigungsrecht (§ 16 UrhG), also das Recht, Vervielfältigungsstücke herzustellen, gleichviel ob vorübergehend oder dauerhaft, in welchem Verfahren und in welcher Zahl;
- Das Verbreitungsrecht (§ 17 UrhG), also das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in den Verkehr zu bringen;
- Das Ausstellungsrecht (§ 18 UrhG);
- Das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (§ 19 UrhG);
- Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a UrhG), also das Recht, das Werk der Öffentlichkeit durch elektronische Mittel jederzeit und überall zugänglich zu machen(insbesondere im Internet);
- Das Senderecht (§ 20 UrhG);
- Das Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger (§ 21 UrhG);
- Das Recht der Wiedergabe von Funksendungen und von öffentlicher Zugänglichmachung (§ 22 UrhG).
All diese Rechte stehen exklusiv dem Urheber des Werkes zu. Sollten Sie bei der Lektüre der Liste festgestellt haben, dass die in Ihrem Forschungsprojekt geplanten Nutzungen von fremden Werken mind. eines der Verwertungsrechte berührt, dann gilt grundsätzlich: Vor der Nutzung des Werkes ist die Zustimmung des Urhebers einzuholen!
Darüber hinaus gibt es noch die Möglichkeit, dass die von Ihnen geplante Nutzung eine “gesetzlich erlaubte Nutzung” im Sinne des Urheberrechts darstellt (vgl. Dazu “Die urheberrechtlichen Schrankenbestimmungen”). Dann dürfen Sie das Werk ausnahmsweise auch ohne vorherige Einwilligung des Urhebers verwenden.
Noch eine Zusatzfrage:
Was versteht das Urheberrecht eigentlich unter Öffentlichkeit? § 15 Abs. 3 S. 2 UrhG liefert dafür eine - wenn auch auf den ersten Blick unverständliche - Erklärung: Danach “gehört jeder, der nicht mit demjenigen, der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist” zur Öffentlichkeit. Das heißt: Geschlossene Forschergruppen und zugangsbeschränkte Online-Dokumentenmanagementsysteme sind grundsätzlich nicht öffentlich; öffentliche Universitäts-Vorlesungen ohne Zugangsbeschränkung sowie frei zugängliche Internetseiten sind grundsätzlich öffentlich. Auch das ist allerdings lediglich eine Daumenregel - rechtssicher entscheiden können das leider nur die Gerichte. Ziehen Sie deswegen bei kritischen Grenzfällen jedenfalls einen ausgebildeten Rechtsanwalt zu Rate.
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