Zwischen Theorie und Praxis: Bericht von der DHd 2020
-- Ein Blogpost von Marlene Kirsten (Uni Bonn) --
Die DHd2020 verlasse ich mit einem vollgeschriebenen Block, neuem Vokabular, einem Code-Editor auf dem Laptop, aber ohne Sticker auf demselben und dem Gefühl, in den letzten Tagen eine Menge über Digital Humanities gelernt zu haben.
Über das Sichtbarmachen des Suchens und die Faszination des Findens:
Ein Rückblick auf die DHd2020 anhand ausgewählter Konferenz-Momente
-- Ein Blogpost von Nina C. Rastinger (ÖAW) --
Fünf volle Tage DHd2020
Montag, 02.03.2020, 14 Uhr:
Die DHd-Jahrestagung startet mit einer Reihe an Workshops und für mich mit einer praktischen Einführung in das Annotations-, Analyse- und Visualisierungs-Tool CATMA 6, die von Mareike Schumacher und Jan Horstmann gegeben wird. Als Use-Case dienen Fälle von transponierter, erzählter und zitierter Rede in Kafkas Erzählung Erstes Leid – und diese zeigen, dass das Erstellen von Annotationstaxonomien und Setzen von Annotationen mit CATMA 6 zwar nun technisch einfach, ontologisch aber immer noch äußerst komplex ist.
Das CLARIN-D Zentrum Bayerisches Archiv für Sprachsignale (BAS) in München hat sich für ein Google Research Credit Grant beworben und sie wurden ausgezeichnet. Nutzende haben ab sofort mehr Rechenleistung für automatische Transkriptionen von audio-visuellen Sprachdaten zur Verfügung. Wir gratulieren Florian Schiel und seinen KollegInnen am BAS recht herzlich zur Verleihung des Google Wissenschaftspreises in Höhe von 5000 Dollar. Die Förderung hat am 1. Januar 2020 begonnen.
Am 14. November 2019 fand die Abschlussveranstaltung der CLARIN-D Facharbeitsgruppen (F-AGs) in der Neuen Aula der Eberhard-Karls-Universität Tübingen statt. Mehr als 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer fanden sich in den repräsentativen Räumen der Universität zusammen, um noch einmal ein Resümee aus der jahrelangen Arbeit der F-AGs in CLARIN-D zu ziehen: Seit Projektbeginn arbeitet CLARIN-D eng mit Forschenden aus verschiedenen Wissenschaftsbereichen zusammen, weswegen es von Anfang an wichtig war, den Input durch Facharbeitsgruppen einzubeziehen. Diese dienten als Impulsgeber in ihren Communities und erstellten beispielsweise Kurationsprojekte. Bei der Abschlussveranstaltung der F-AGs war neben den Leitungen der F-AGs, den Mitarbeitenden und Ehemaligen, auch die Vertreterin des Projektträgers, Dr. Maria Böhme (DLR) anwesend, sowie die Leitungen der CLARIN-D Zentren. Während der Veranstaltung wurde einerseits ein Rückblick auf die geleistete Arbeit und andererseits ein Ausblick auf künftige Zusammenarbeit in anderen Kontexten gegeben: Die Arbeit der F-AGs ist so zentral wie auch “community driven” und die Bedarfe der Nutzenden wachsen stetig, sodass die F-AGs mit hoher Wahrscheinlichkeit an anderer Stelle und mit einem neuen Label fortgeführt werden.
Veröffentlichung des Korpus Digitale Sammlung Deutscher Kolonialismus im DTA/CLARIN-D-Repositorium (BBAW, Berlin). Im Rahmen eines zweijährigen, von der DFG geförderten Kooperationsprojekts der Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen, der Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg in Frankfurt/Main und der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (BBAW) wurde eine umfassende digitale Sammlung zum Deutschen Kolonialismus erarbeitet. Das mehr als 1000 Titel mit ca. 240000 Seiten umfassende Korpus „Digitale Sammlung Deutscher Kolonialismus“ (DSDK) besteht aus Publikationen, die in der Zeit des deutschen Kaiserreichs und von den genannten Bibliotheken unter dem Aspekt Kolonialismus gesammelt wurden.
Mit der Veröffentlichung des Korpus werden nun der Kolonialismusforschung, der Koloniallinguistik sowie weiteren historisch-textbasiert arbeitenden Disziplinen – und nicht zuletzt auch der breiteren Öffentlichkeit – eine in dieser Form einzigartige Sammlung an Publikationen in Bild und Text digital zur Verfügung gestellt. Die digitale Erfassung erfolgte automatisch mit Methoden der Optical Character Recognition (OCR). Die Texte wurden zunächst innerhalb der Qualitätssicherungsumgebung des Deutschen Textarchivs, DTAQ, publiziert, wo die Bände nach freier Anmeldung zugänglich und bereits vollumfänglich nutzbar sind (URL: http://www.deutschestextarchiv.de/dtaq/book?q=dsdk)
Neue Services
Das Bayerische Archiv für Sprachsignale hat eine neue Version seines Webservices API freigeben (2.31).
Am Bayerischen Archiv für Sprachsignale (BAS) in München wurden zwei neue Webservices für die Öffentlichkeit freigeschaltet: 'Subtitle' ist ein frei verfügbarer Service, welcher automatisch Untertitel-Tracks für Videos erzeugt - in einer Pipeline zusammen mit automatischer Spracherkennung sogar ohne Transkript. 'Anonymizer' ist ein Service welcher Sprachsignale und zugehörige Annotationen anhand einer Lis te von Stichwörtern automatisch anonymisiert, d.h. alle Vorkommnisse eines Stichworts werden im Signal durch ein Rauschen maskiert und in allen Annotationen gelöscht bzw. durch ein definiertes Tag ersetzt . URL: http://hdl.handle.net/11858/00-1779-0000-0028-421B-4
CLARIN-D und DARIAH-DE bei DHd 2019 in Mainz und Frankfurt
Auf der DHd gab es einen gemeinsamen Infostand von CLARIN-D und DARIAH-DE.
CLARIN-D hat zusammen mit dem DHd Verband und DARIAH insgesamt neun Stipendien für NachwuchswissenschaftlerInnen vergeben. Die Erfahrungsberichte wurden im CLARIN-D Blog veröffentlicht.
DHd-Workshop zu "Qualitätsstandards und Interdisziplinarität in der Kuration audiovisueller (Sprach-)Daten", organisiert von Thomas Schmidt, Jonathan Blumtritt, Hanna Hedeland, Jan Gorisch, Felix Rau, Kai Wörner am 25./26.03.2019 in Mainz mit dem Vortrag "Vergleich der Transkription mit und ohne Spracherkennung."
Eine gegenwärtige Herausforderung für geisteswissenschaftliche Disziplinen ist das Arbeiten in einer digitalen Welt. Dabei müssen sie dem Anstieg digitaler Quellen – ob durch Retrodigitalisierung oder die zunehmende Zahl an ‚digital born‘-Quellen – mit adäquaten Methoden, Strukturen und Werkzeugen begegnen. Vor dem Hintergrund dieser Herausforderung versucht das aufstrebende Forschungsfeld der Digital Humanities jene Brücke zwischen der alten, analogen Wissenschaft und der neuen, digitalen Welt zu schlagen: Einerseits, indem sie Sammlungen von Literatur und Quellen digital erschließt und für die Anwendung geisteswissenschaftlicher Arbeitsmethoden Verfahren zugänglich macht; andererseits, indem sie eine intelligente Vernetzung von Inhalten innerhalb einer zunehmend digitalen Wissenschaftskultur ermöglicht.1
Prof. Dr. Simone Lässig, Direktorin des Deutschen Historischen Instituts in Washington, spricht auf dem Forum CA3 über die transatlantische Sichtweise auf die Digital Humanities in Europa. Dies zeigt sie am Beispiel der Digitalen Geschichtswissenschaften.
Auch in Nordamerika sind die Digitalen Geisteswissenschaften mit mindestens 60 Zentren, Instituten und Laboren, ein großer Forschungszweig. Historiker und Historikerinnen wussten das Computerzeitalter bereits sehr früh, ca. ab den 1960er Jahren, zu nutzen. So entstanden viele neue Praktiken der Wissenserschließung und Wissensdistribution. Die Finanzierung beziehungsweise Förderung der Digitalen Geschichtswissenschaften geschieht durch staatliche Wissenschaftsförderung, Stiftungen, Unternehmen, die Regierung, große Forschungsuniversitäten, sowie deren private Geldgeber. Forschungs- und Organisationsformen beinhalten Querschnittdepartments von Universitäten, individuelle Forschende, Forschungsinstitute, DH-Zentren sowie DH-Labs. Die Nordamerikanische Forschung in diesem Bereich punktet also mit hoher Diversität in Finanzierung und Formaten. Um eine digitale Zukunft auch in der historischen Forschung sicherzustellen, ist es wichtig Veränderungen und neue Herausforderungen durch neue Arbeitsformen zu reflektieren.
Die Reform des Deutschen Urheberrechtsgesetzes 2017 – welche Konsequenzen hat sie für DH-Forschende?
Es ist allseits bekannt, dass Sprachdaten (und Sprachressourcen) oft urheberrechtlich oder vom sui-generis-Recht für Datenbanken geschützt sind. Deswegen ist ihre Erhebung, Nutzung und Verbreitung nur mit Zustimmung des Rechtsinhabers oder bei Eingreifen einer gesetzlichen Schrankenregelung zulässig. Die Zustimmung der jeweiligen Rechtsinhaber einzuholen, ist häufig sehr zeit- und kostenintensiv und mit großen Schwierigkeiten für Forscher verbunden. Deswegen führten in den letzten Jahren die meisten nationalen Gesetzgeber gesetzliche Schrankenregelungen speziell für Forschungszwecke ein
Dr. Thorsten Trippel von der Universität Tübingen, Liaison Koordinator des Projektverbunds CLARIN-D, spricht auf dem Forum CA3 2016 in Hamburg über die Aufgabe des Aufbewahrens von Daten innerhalb der Forschungsinfrastruktur CLARIN-D.